Geschichtlicher Überblick über die Sciaridenforschung in der Paläarktis



Nachdem im 18. Jahrhundert und zu Beginn des 19. Jahrhunderts Linnaeus, Fabricius, Meigen, Staeger und Zetterstedt nur wenige der heute bekannten europäischen Sciaridenarten beschrieben hatten, befaßten sich Winnertz, Walker, Schiner, Holmgren, Strobl und Rübsaamen mit der Systematik dieser Mikrodipteren. So waren Schiner im Jahre 1867 unmittelbar vor dem Erscheinen der Winnertzschen "Monographie der Sciarinen" weltweit erst 139 Arten bekannt, von denen lediglich 55 außerhalb Europas beschrieben wurden. Winnertz (1867) fügte dem 131 Neubeschreibungen hinzu, so daß die europäische Fauna auf 186 Spezies anwuchs. Darauf aufbauend erweiterte sich das Artenspektrum in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Neubeschreibungen von Kieffer, Coquillett, Enderlein, Schmitz, Edwards, Vimmer, Czizek und Kratochvil. Zahlreiche Publikationen in den Jahren 1924 bis 1957 legen über das außerordentliche Wirken und Schaffen von Franz Lengersdorf Zeugnis ab, der durch seine umfangreiche Reise-, Sammel- und Determinationstätigkeit die Trauermücken im Weltmaßstab bearbeitete. Mit dem 7. Teil "Lycoriidae (Sciaridae) - in Lindner: Die Fliegen der paläarktischen Region" kommt ihm das Verdienst zu, alle bis dahin bekannten paläarktischen Arten in einem ersten System zusammengestellt zu haben. Richard Frey (1942) entwickelte in seinem "Entwurf einer neuen Klassifikation der Mückenfamilie Sciaridae" eine Übersicht über die fossilen und rezenten Sciaridengattungen und stellte darin neue Erkenntnisse über die fortschreitende Spezialisation innerhalb der Trauermücken vor. 1948 erschien im 2. Teil eine Revision der nordeuropäischen Arten. Im Ergebnis dieser Studien führte er 117 Sciaridenarten an, von denen etwa 40% neu beschrieben wurden. Dabei prüfte Frey bis dahin unbeachtet gebliebene oder wenig beachtete Merkmale auf ihren taxonomischen Wert. Auch wenn einige der zur Determination verwendeten Merkmale umstritten sind, schuf er eine umfangreiche Abhandlung, die wertvolle morphologisch-taxonomische Ansichten und faunistische Daten enthält. In diesem Zusammenhang sei besonders auf die Einbeziehung eines Teils der Zetterstedtschen und Staegerschen Typen und die recht guten Abbildungen männlicher Genitalstrukturen verwiesen. Auf die Freyschen Arbeiten aufbauend, konnte Tuomikoski (1960 b) mit dem Studium der finnischen Trauermücken-Fauna das bis heute gültige Standardwerk der modernen Sciaridentaxonomie gestalten. Besonders verdienstvoll sind die klare Abgrenzung und Charakterisierung der Gattungen, die tadellosen Genitalabbildungen und übersichtlichen Bestimmungstabellen. Ihm waren 204 Arten aus 22 Gattungen bekannt. 71 davon waren Neubeschreibungen, von denen bislang nur wenige synonymisiert worden sind. Bei der Fülle des bearbeiteten Materials leistete er auch einen hervorragenden Beitrag zur Biologie und Faunistik der nordeuropäischen Sciariden. Eine ähnliche systematisch-faunistische Bearbeitung der europäischen Trauermücken gibt es auch für Großbritannien durch Freeman (1983 b). Er erwähnt in seiner Fauna 101 Arten in 18 Gattungen, überprüfte die Neubeschreibungen englischsprachiger Autoren [Walker, Edwards] und vergrößerte den Artenbestand um 11 Spezies. Nach der kontinuierlichen Bearbeitung eines umfangreichen Materials aus allen Teilen der früheren Sowjetunion durch Mohrig, Krivosheina und Mamaev, entstanden von 1967 bis 1992 zahlreiche Publikationen. In den taxonomischen Reihen "Beiträge zur Kenntnis der Trauermücken der Sowjetunion" [Teil I bis XV] und "Zur Kenntnis flügelreduzierter Dipteren der Bodenstreu" [Teil I bis X] wurden weit über 150 neue Arten vorgestellt. Durch illustrierte Neubeschreibungen anderer Autoren [u.a. Alam, Antonova, Blasco-Zumeta, Dimitrova, Drissner, Fritz, Heller, Hippa, Hövemeyer, Kauschke, Menzel, Mohrig, Röschmann, Rudzinski, Sasakawa, Vilkamaa, Yang, Zhang] wurde in den letzten Jahren das Bild über die rezente Sciaridenfauna der Paläarktis weiter abgerundet.



Carl Linnaeus (1707-1778) Johann Christian Fabricius (1745-1808) Johann Wilhelm Meigen (1764-1849) Johann Wilhelm Zetterstedt (1785-1874) Rasmus Carl Staeger (1800-1875) Johannes Winnertz (1800-1890) Francis Walker (1809-1874) Ignaz Rudolf Schiner (1813-1873) Karl Wilhelm Theodor Beling (1816-1898) Frederik Maurits van der Wulp (1818-1899) Adolberg Grzegorzek (1819-1890) Gabriel Strobl (1846-1925) Jean Jarqués Abbé Kieffer (1857-1925) William Lundbeck (1863-1941) Anton Vimmer (1864-1941) Johannes Cornelius Hendrik de Meijere (1866-1947) Mario Bezzi (1868-1927) Günther Enderlein (1872-1968) Hermann Schmitz (1878-1960) Frederick Wellen Edwards (1880-1940) Franz Lengersdorf (1880-1965) Karl Richard Hjalmar Frey (1886-1965) Eugène Séguy (1890-1985) Risto Kalevi Tuomikoski (1911-1989)